Dieses Semester besuchte ich ein Praktikum, in dem die Aufgabe gestellt wurde, bestimmte anatomische Strukturen in Pflanzen zu finden, mit Dauerpräparaten zu belegen und zeichnerisch darzustellen. In der ersten der 9 Einheiten bekamen wir eine kleine Liste, welche der 45 geforderten Strukturen in welchen Pflanzen beispielsweise zu finden sind - bei weitem nicht vollständig,aber als kleine Hilfe doch recht nützlich.
Welche der zur Verfügung gestellten Pflanzen jeder einzelne Student für welche Strukturen nutzte, blieb ihm selbst überlassen - hauptsache man hat am Ende alle Strukturen erkannt und gezeichnet.
Zur Herstellung der Dauerpräparate:
Einige dünne Pflanzenschnitte werden oxidativ mittels Chloralhydrat aufgehellt; beim Aufkochen sollte man darauf achten, dass es nicht zum Siedeverzug kommt, da das ganze sich sonst explosionsartig im Raum verteilt, die Schnitte weg sind und das Chloralhydrat im Auge zur Erblindung führen kann...
Unter dem Mikroskop wählt man den schönsten Schnitt aus, erwärmt Glyceringelatine auf einem Deckglas (nicht Aufkochen, sonst sind Luftblasen drin!), legt den Schnitt hinein und dann ein Deckglas drauf. (Tip: das geht am Besten mit einem dünnen Haarpinsel.)
Der Vorteil solcher Dauerpräparate ist, dass sie lange haltbar sind - im Gegensatz zu einfachen Wasserpräparaten.
Da die Zeit für die Herstellung der Dauerpräparate und die Zeichnung der Strukturen viel zu knapp bemessen ist, habe ich einige Fotos gemacht, um die Zeichnungen (wie alle anderen Studenten auch) zu Hause fertig stellen zu können.
Habe die Kamera einfach ans Okular gehalten - hat erstaunlich gut funktioniert.
Hier sind nun ein paar - meiner Meinung ganz interessante - Fotos:
Blattquerschnitt durch eine Tannennadel (Abies nordmanniae): Man sieht sehr schön den Ölgang, worin sich sonst das ätherische Öl befindet. Ich mag den Geruch :)
Hier der gleiche Ausschnitt, nur mit Polarisator betrachtet.
Bringt man einen Polarisator in den Lichtgang, so wird das Licht linear polarisiert, ein zweiter Filter im Lichtgang, der Analysator, lässt nur Lichtstrahlen einer bestimmten Schwingungsrichtung durch. Sind die beide Filter parallel orientiert, erscheint die Bildfläche im Okular hell ereuchtet, sind die beiden Filter 90° gegeneinander gedreht, so ist das Bild dunkel.
Doppelbrechende Medien, wie Calciumoxalat-Kristalle oder verdickte Strukturen, drehen das linear polarisierte Licht und erscheinen so hell leuchtend auf dunklem Hintergrund.
Die dazugehörige Zeichnung. Parenchymatisches Gewebe kann man sich als "Füllgewebe" vorstellen.
Zu beachten ist, dass nur die Zellwände gezeichnet werden, Zellmembranen und der Rest der Zelle sind hier nicht sichtbar. Meist zeichnet man also nur eine Linie, nämlich die "Grenze" zwischen zwei Zellen. Einzelne Zellen fliegen bekanntlich nicht frei im Raum herum, sondern müssen an einander liegen. Drei Linien werden dann gezeichnet, wenn eine Zellwand verdickt ist.
Blattaufsicht auf ein Blatt des Maiglöckchens (Convallaria majalis). Trotz langem Kochens mit Chloralhydrat bin ich das Clorophyll nicht ganz los geworden...
Man erkennt Leitbündel und Kristalle aus Calciumoxalat.
Hier wieder mit Polarisator. Calciumoxalatkristalle können verschiedene Formen haben, diese hier nennt man "Styloide". (Sonst gibt es z.B. noch "Raphiden", "Drusen",...)
Leitbündel bestehen aus dem Xylem und dem Phloem, es gibt verschiedene Arten, je nachdem, wie Xylem und Phloem angeordnet sind.
(Xylem besteht aus dem wasserleitenden Hadrom und einer Faserkappe. Phloem besteht aus dem assimilatleitenden Leptom und einer Faserkappe.)
Die Tracheen sind Teile des Hadroms und haben verdickte Zellwände, je nach Verdickungen unterscheidet man Spiral-, Ring-, Schrauben-, Netz- und Treppengefäße, Tüpfelgefäße,...
Hier beim Maiglöckchen erkennt man Schraubengefäße.
Detailzeichnung eines Netzgefäßes. (Findet man z.B. in einem Längsschnitt durch einen Spross eines Hollunders - Sambucus nigra.)
Wurzelquerschnitt eines Arzneikalmus (Acorus calamus). Das lockere, stark belüftete Gewebe nennt man Aerenchym.
Im Aerenchym erkennt man Stärke, wenn man das Präparat nicht aufkocht und mit Iod anfärbt.
Ein Gefäßbündel, bei dem Xylem und Phloem radiär angeordnet sind.
Die dazugehörige Zeichnung war ordentlich viel Arbeit, besonders mühsam ist es, darauf zu achten, dass die einzelnen Zellen schön aneinander angrenzen...
Wurzelquerschnitt durch eine Erbse (Pisum sativum). Hier erkennt man noch nicht allzuviel...
...mit Polarisator sieht man dann aber schön, wo sich das Xylem befindet. (Xylem leuchtet hell.)
Bei 400facher Vergrößerung sieht man die einzelnen Zellen.
Die dazugehörige Skizze, wie die verschiedenen Strukturen angeordnet sind.
Querschnitt durch einen Hollunderspross.
Die baunen Zellen außen sind Kork. Darunter findet man Kollenchym, ein Festigungsewebe. Je nach Art der Zellwandverdickungen unterscheidet man Ecken-, Lücken- und Plattenkollenchym. Letzteres ist hier sichtbar.
Auch diese Zeichnung war recht zeitaufwendig... ^^
Querschnitt durch einen Brennnesselspross (Urtica dioica), hier sieht man Ecken- und Lückenkollenchym...
...besser ist das allerdings unter dem Polarisator zu erkennen. Beim Eckenkollenchym sind nur die "Ecken" der Zellen verdickt, beim Lückenkollenchym findet man kleine "Lücken" zwischen den Verdickungen. (400fache Vergrößerung)
Bei weniger staker Vergrößerung (100fach) erkennt man ein paar Leitbündel. Der hier sichtbare durchgehende "Ring" ist das Kambium, das Teilungsgewebe. Das Kambium produziert nach innen Xylem und nach außen Phloem.
Die dazugehörige Skizze zeigt den Querschnitt durch den kompletten Spross.
Halbschematsche Zeichnung von einem der vielen Leitbündel.
Noch ein Querschnitt durch einen Spross der Urtica dioica, hier mit einem "Brennhaar". Die Brennhaare der Brennnessel sind genau genommen keine Haare, sondern Emergenzen. Haare sind mit ihrer Basis in der Epidermis verankert, bei Emergenzen ist Grundgewebe am Aufbau mitbeteiligt, was man hier gut sieht. Die Spitze ist leider abgebrochen.
Im Gewebe erkennt man hier zwei Drusen, spezielle Formen von Calciumoxalatkristallen, die ich oben schon erwähnt habe.
Weiter gehts im
Teil II, in dem es Haare und Drüsen der Pfefferminze und Querschnitte durch eine Fenchelfrucht und einen Leinsamen zu sehen gibt.
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geschrieben von Xylo am Donnerstag, 21.07.2011, 22:35